Umweltschadenversicherung
Umweltschutz ist ein erklärtes Staatsziel. Der Erhalt der Natur in seiner Artenvielfalt, auch für weitere Generationen ist wichtig. Schädigt man durch betriebliche Anlagen oder den Geschäftsbetrieb das empfindliche Gleichgewicht der Natur, werden Artenschutz und Umweltamt schnell aktiv. Auflagen um den zerstörten Ursprungszustand wieder herzustellen unterliegen keinen Summenbegrenzungen. Als Firmeninhaber sollte man das Thema Umweltschaden daher nicht leichtfertig abtun. Hier lauert ein enormes Gefahrenpotential für die Existenz Ihrer Firma!
Schadenbeispiele aus der Praxis
Salzwasser aus der Delphinlagune
Mitte 2012 stellte die Tierschutzorganisation PETA Strafanzeige gegen den Nürnberger Zoo. Überschwappendes Wasser aus der Delphinlagune war über einen Auffangbehälter ausgetreten und im angrenzenden Waldboden (Stadtwald) versickert. Der Chloridgehalt des Wassers sei mit 280 mg je Liter ausreichend für eine dauerhafte Schädigung der Flora. Der Umfang der Schädigung konnte zum Zeitpunkt der Anzeige noch nicht exakt festgestellt werden. Fest stand, dass zwei große Eichen (geschützte Art) betroffen sind. Die Zooleitung konnte mit dem zuständigen Umweltamt verschiedene Maßnahmen vereinbaren um Auflagen und Kosten zu vermeiden. So wurde beispielsweise der Waldboden mit Süßwasser gespült, um die Chloridbelastung zu vermindern. Wasser aus dem Auffangbecken wird nun in den Kanal geleitet. Auch bauliche Maßnahmen zur endgültigen Lösung des Problems wurden vereinbart. Zu den insgesamt angefallenen Kosten wurde keine Aussage getroffen.
Weitere Schadenbeispiele
100 Hamster für 2 Millionen Euro
Eine Population von geschützten Feldhamstern geht nach dem Brand eines Betriebs der Kunststoffindustrie durch kontaminiertes Löschwasser zum größten Teil ein. Das zuständige Umweltamt ordnet die Umsiedlung der restlichen Hamsterpopulation in einem anderen Gebiet an. Neben der reinen Umsiedlung fallen auch noch zusätzliche Kosten durch Kauf bzw. Bereitstellung eines neuen Areals, Schaffung eines feldhamsterspezifischen Ersatz-Biotopverbundes, Verzögerung der Umsiedlung aufgrund Winterschlaf oder Trächtigkeit der Weibchen und die wissenschaftliche Begleitung an. Die Gesamtkosten summieren sich auf fast 2 Millionen Euro.
Biogasanlage läuft aus
Im April 2012 liefen durch einen Defekt an einer Biogasanlage fast 7.000 Liter Gülle in den Fluss Pilsach bei Neumarkt in der Oberpfalz. Der Schaden wurde durch eine Pumpe verursacht, die wegen eines Defektes nicht automatisch abschaltete. Die Verunreinigung führte zu einem vorübergehenden Sauerstoffmangel im Wasser, der einen Großteil der Lebewesen im Fluss tötete. Darunter allein mehr als 3.700 Fische unter denen sich auch die bedrohten Arten Bachneunauge und Bachforelle befand. Alleine für die Neuansiedlung der Bachforelle werden 30.000 Euro veranschlagt.
Hintergrund
Seit 2007 besteht eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung von Gewerbetreibenden, Umweltschäden zu vermeiden und aufgetretene Schäden zu sanieren (USchadG).
- Ein Umweltschaden ist eine Schädigung von geschützten Tierarten (z.B. Biber, Mopsfledermaus, Laubfrosch, Zauneidechse, Flussmuschel, usw.)
- geschützten Pflanzen (z.B. Frauenschuh, Einfacher Rautenfarn, usw.)
- geschützen Lebensräumen (Natura 2000 Gebiete, Nationalparks, Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, usw.)
- Gewässern (insbesondere Wasserschutzgebiete) und des Bodens
In Deutschland gibt es derzeit ca. 4.560 geschützte Flora-Fauna-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete), ca. 530 geschützte Vogelschutzgebiete, ca. 800 nach FFH-Richtlinie geschützte Tier- und Pflanzenarten sowie ca. 180 nach Vogelschutzrichtlinie geschützte Vogelarten. Insgesamt stehen gut 13 % der Fläche Deutschlands unter Schutz, weshalb fast 98 % aller Betriebe weniger als 10 km und ca. 67 % weniger als 2,5 km von einem Schutzgebiet entfernt angesiedelt sind.
Ist ein Umweltschaden durch den Betrieb entstanden, werden dem Unternehmen umfangreiche Sanierungsmaßnahmen auferlegt: neben der Neuansiedlung von geschützten Arten kann es auch zu einer Umsiedlung kommen, wenn das geschädigte Gebiet sich nicht mehr für die geschädigte Art eignet. Zusätzlich muss auch der vernichtete Bestand wieder hergestellt werden.
Abgesehen von den Sanierungsmaßnahmen ist ein Umweltschaden auch immer mit hohen Gutachterkosten verbunden. Immerhin muss der Urzustand, der Schaden und auch die Entwicklung der Sanierung über mehrere Jahre geprüft werden.
Was ist versichert?
Versichert ist je nach Umfang des Vertrags die gesetzliche Haftpflicht gem. Umwelthaftungsgesetz bzw. Umweltschadengesetz, die durch Ihren Betrieb oder seine Anlagen verursacht werden. Beide Gesetze sehen eine verschuldensunabhängige Haftung vor das Umweltschadengesetz sogar für Schäden auf eigenem Grund und Boden.
Wo gilt diese Versicherung?
Für die Umweltschadenversicherung gibt es keine geographische Geltungsbegrenzung.
Wie lässt sich die Versicherungssumme ermitteln?
Die Höhe der Deckungssumme richtet sich nach dem speziellen Risiko des Versicherungsnehmers.
Welche Zahlungen werden im Schadenfall geleistet?
• Kosten zum Ausgleich berechtigter Ansprüche
• Kosten zur Abwehr unberechtigter Ansprüche
In jedem Fall erfolgt die Schadenzahlung abzüglich der evtl. vereinbarten Selbstbeteiligung.
Was ist zu beachten?
Unterschiedliche Betriebe benötigen unterschiedlichen Versicherungsschutz. Die Policen bestehen daher aus verschiedenen Bausteinen mit kombinierbaren Deckungserweiterungen und Zusatzklauseln, je nach individuellem Bedarf.
Welche Gefahren und Schäden sind u.a. versicherbar?
Der Leistungsumfang der Umwelthaftpflichtversicherung erstreckt sich auf Personen-, Sach- und den daraus als Folge entstehenden Vermögensschäden Dritter, die durch Umwelteinwirkung entstehen (zivilrechtlicher Anspruch).
Es liegt eine Umwelteinwirkung vor, wenn sich Stoffe, Erschütterungen, Geräusche, Druck, Strahlen, Gase, Dämpfe, Wärme oder sonstige Erscheinungen über Boden, Luft oder Wasser ausgebreitet haben. Dies gilt ebenfalls für ein von einem Betrieb auf ein Nachbarhaus übergreifendes Feuer. Die Umweltschadenversicherung erstreckt sich in ihrem Leistungsumfang (abhängig vom vereinbarten Umfang bzw. Baustein) auf die Übernahme von berechtigten Sanierungsund Kostentragungsverpflichtungen infolge eines Umweltschadens. Der Schaden muss direkt durch die Tätigkeit eines Betriebs entstanden sein, bzw. muss dieser die unmittelbare Gefahr für den Umwelschaden verursacht haben. Unter Umweltschäden versteht man die Schädigung von Gewässern, des Bodens bei Gefahren für die menschliche Gesundheit sowie von geschützten Tier- und Pflanzenarten und natürlichen Lebensräumen.
Beide Versicherungssparten leisten auch für die Abwehr unberechtigter Ansprüche, die an Ihr Unternehmen gestellt werden.
Abgenzung Umwelthaftpflicht- / Umweltschadenversicherung
In welchen Fällen welche Deckung nötig ist, zeigt das nachfolgende Beispiel:
Die Filter der Abgasanlage einer Fabrik sind defekt, wodurch Giftstoffe freigesetzt werden. Der giftige Qualm setzt sich u. a. auf einem Bauernhaus ab, dessen Fassade und Dach dadurch schwarz gesprenkelt werden. Die Giftstoffe ziehen auch in einen Stall und töten zwei Jungschweine. Auch in eine nahegelegene Höhle zieht der Qualm, wo ein großer Teil einer dort lebenden Fledermauspopulation erstickt. Umweltschützer organisieren eine Umsiedlung der verbleibenden Tiere, da die Höhle kontaminiert ist.
Umwelthaftpflichtversicherung, weil hier ein konkret bezifferbarer zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch besteht. Gebäude und Tiere gehören jemandem, den es nun zu entschädigen gilt. Mit Erstattung von Reinigungs- und Dekontiminationskosten und dem Marktwert der Schweine ist der Schadensfall abschließend abgegolten.
Umweltschadenversicherung, weil hier kein konkret bezifferbarer zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch besteht. Die Fledermäuse gehören niemandem, Ziel der Bemühungen ist der Erhalt der Population einer geschützten Art. Ob dies mit den ersten Bemühungen gelingt wird sich erst zeigen. Ggf. fallen weitere Kosten an. Auch die Dekontiminationskosten müssen hier dazu führen, dass die Höhle wieder der Lebensraum für Flora und Fauna wird, der sie vor dem Schaden war.
Welche zusätzlichen Versicherungen sind zu empfehlen?
Umweltschäden bedeuten nicht nur einen finanziellen Aufwand für Ihr Unternehmen, auch strafrechtlich wird schnell gegen einen Verantwortlichen vorgegangen. Im Zweifelsfall sind dies die Entscheider eines Unternehmens. Da bei vielen Umweltstraftaten Vorsatz vermutet werden kann, bietet die einfache gewerbliche Rechtsschutzversicherung oft keine Deckung für die Verteidigung in einem solchen Strafverfahren. Der Einschluss eines erweiterten Strafrechtsschutzes (oft bezeichnet als Spezial-Strafrechtsschutz o. ä.) ist daher sehr sinnvoll für jede Art von Unternehmen.
Geschäftsführer, Aufsichtsräte oder Vorstände haften bei Beratungs- und Entscheidungsfehlern persönlich und unbeschränkt mit ihrem gesamten Privatvermögen. Für diesen Fall, dass sie oder eine andere versicherte Person für einen Vermögensschaden (weder Personen- noch Sachschaden) im Zusammenhang mit der jeweiligen versicherten Tätigkeit ersatzpflichtig gemacht werden, kann mit einer D&O-Versicherung (Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung) vorgesorgt werden. Da der Gesetzgeber seit dem 01.07.2010 für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften einen persönlichen Pflicht-Selbstbehalt von 10%, max. 1,5-fach des Jahresbruttobezuges vorsieht, ist eine D&O-Selbstbehaltversicherung zu empfehlen.
Weiterhin können Unternehmen ihren Versicherungsschutz mit einer separaten AGG-Versicherung erweitern. Es besteht Versicherungsschutz für Ansprüche wegen Diskriminierung, die sich aus Arbeitsverhältnissen und/oder dem alltäglichen Geschäft ergeben.