Die Versicherungsbranche
Kaum eine andere Branche in Deutschland genießt einen so schlechten Ruf wie die Versicherungswirtschaft. Klinkeputzende Vertreter, orgiastische Bonusevents für Top-Vertriebler, Prunkbauten und der nicht verstummen wollende Kundenruf „die zahlen ja eh nix“ – alles zusammen sorgt für ein desaströses Image der Versicherungsbranche. Mit Vorurteilen haben jedoch viele Branchen und Berufsstände zu kämpfen. Beleuchtet man sie genauer, stellen sich solche Vorurteile ja oft als haltlos oder veraltet heraus. Evtl. ist das bei der Versicherung genauso? Werfen wir doch einfach einen Blick auf die Fakten und darauf, was die Branche wirklich leistet.
Unterschätzter Wirtschaftsfaktor, unterschätzter Steuerzahler
Denkt man an den Wirtschaftsstandort Deutschland, kommen einem zuerst Autohersteller, Maschinenbauer oder Elektrotechnikunternehmen in den Sinn. Dass die deutsche Versicherungswirtschaft im Bereich des Endkundengeschäfts weltweit auf dem sechsten Platz steht, im Rückversicherungsgeschäft gar der weltweit führende Standort ist, überrascht viele.
554.711 Erwerbstätige waren 2012 direkt in der Versicherungswirtschaft beschäftig. Das sind 1,4 % aller Erwerbstätigen in Deutschland. Nordrhein-Westfalen und Bayern beheimaten mit 22 und 20 % davon die größten Anteile dieser Personengruppe. Insgesamt leben direkt oder indirekt etwa 1,3 Millionen Menschen im Lande vom Versicherungswesen.
Bei umfassender Betrachtung liegt der Anteil am Bruttoinlandsprodukt bei 44,8 Milliarden Euro, was den Anteil z. B. der Hersteller von Metallerzeugnissen leicht übersteigt. Die direkt oder indirekt durch die Versicherungswirtschaft generierten Steuerzahlungen belaufen sich auf 26,2 Milliarden Euro, was 4,4 % des gesamten Steueraufkommens der Bundesrepublik entspricht.
Die Versicherungswirtschaft ist als Arbeitgeber, Wirtschaftsfaktor und Steuerzahler eine der wichtigsten Branchen im Land. Sie leistet einen wesentlichen Teil zur gesellschaftlichen Stabilität und fiskalischen Planungssicherheit. Versicherung ist damit eine enorm wichtige Säule unseres Landes.
Wer nichts ist und wer nichts kann…
Wer kennt sie nicht, die Spotreime auf bestimmte Berufsgruppen? Auch der Versicherungsvermittler hat hier seinen Platz in der Poesie des Volksmundes gefunden. Die Älteren werden sich noch daran erinnern, dass irgendwann jemand im Bekanntenkreis plötzlich „in Versicherung“ machte bevorzugt bei einer Ausschließlichkeitsorganisation oder einem Strukturvertrieb. Oft genug geschah dies auch noch nebenberuflich. Heute ist dies nicht mehr möglich: Bereits seit 2007 wurde im Zuge der EU-Vermittlerrichtlinie u. a. eine Nachweispflicht der fachlichen Qualifikation gefordert. Die Zeiten des Wohnzimmervermittlers und der schwarzen Schafe dürfte seither vorbei sein. Kaum eine andere Branche im Land hat sich in den letzten Jahren hinsichtlich seiner Mitarbeiter so konsequent auf Qualität ausgerichtet wie die Versicherungsbranche. Kaum eine andere Branche fördert in vergleichbarem Maße die Weiterbildung seiner Arbeitskräfte. Die angedachte Verpflichtung zur Weiterbildung wird bereits heute schon von vielen unabhängigen Vermittlern gelebt. Wer nichts ist und wer nichts kann wird heute definitiv nicht mehr in der Versicherungsbranche arbeiten können.
…und sie zahlen doch!
Man redet selten darüber, wenn ein Schaden einfach so vom Versicherungsunternehmen übernommen wurde. Was will man da auch groß erzählen? Viel interessanter sind die Grabenkämpfe mit dem zahlungsunwilligen Versicherungsunternehmen, das sich stur stellt. Zweifellos gibt es Fälle, in denen Versicherer und Kunde unterschiedliche Ansichten und Standpunkte vertreten. Natürlich landen solche Fälle zuweilen auch vor Gericht viel häufiger aber bei der zuständigen neutralen Schlichtungsstelle, dem Ombudsmann.
Hier gingen quer durch alle Versicherungssparten im Jahr 2012 genau 17.263 Beschwerden über Versicherungsunternehmen oder Versicherungsvermittler ein. Bei weitem nicht alle davon bezogen sich auf einen Schadensfall. Nur in lediglich 36,4 % aller Beschwerdefälle sah die Schlichtungsstelle auch tatsächlich Anlass, die Entscheidung des Versicherungsunternehmens anzuzweifeln. Diese Zahlen unterstreichen, dass der absolute Großteil aller gemeldeten Versicherungsfälle korrekt bearbeitet wird. Und natürlich werden Schäden auch erstattet. Hierzu ein kurzer Blick auf die wichtigsten privaten Sachversicherungssparten:
Wohngebäudeversicherung
Anzahl der versicherten Schäden: ca. 2.040.000
Summe der geleisteten Gesamtschadenaufwendungen: 3.996.000.000 Euro
Hausratversicherung
Anzahl der versicherten Schäden: ca. 1.147.000
Summe der geleisteten Gesamtschadenaufwendungen: 1.265.000.000 Euro
KFZ-Versicherung (Haftpflicht + Kaskosparten zusammen)
Anzahl der versicherten Schäden: ca. 9.721.000
Summe der geleisteten Gesamtschadenaufwendungen: 20.423.000.000 Euro
Unfallversicherung
Anzahl der versicherten Schäden: ca. 847.000
Summe der geleisteten Gesamtschadenaufwendungen: 3.070.000.000 Euro
Rechtsschutzversicherung
Anzahl der versicherten Schäden: ca. 3.833.000
Summe der geleisteten Gesamtschadenaufwendungen: 2.338.000.000 Euro
Schutzbrief
Anzahl der versicherten Schäden: ca. 915.000
Summe der geleisteten Gesamtschadenaufwendungen: 195.000.000 Euro
Allein in diesen sechs Sparten summieren sich im Jahr 2012 die versicherten Schäden auf mehr als 18,5 Mio. fehlende private und gewerbliche Sparten, sowie nicht versicherte Fälle noch gar nicht mitgerechnet. Hierfür wurde eine Gesamtentschädigung von fast 31,3 Mrd. Euro geleistet. Die deutschen Versicherer zahlen, wenn ein Schaden auch versichert ist.
Ohne die Versicherungswirtschaft…
…wäre wohl so manches schlechter im Land. Das kann man wohl ganz klar so sagen. Steuerausfälle in Milliardenhöhe bekommt über kurz oder lang jeder Bürger zu spüren. Der Beitrag zum Bruttosozialprodukt durch die Versicherungswirtschaft ist enorm. Als Arbeitgeber oder Auftraggeber versorgt sie hunderttausende von Bürgern mit Einkommen. Und natürlich kommt sie auch ihrer Hauptaufgabe nach: Sie mildert persönliche Schicksalsschläge mittels versicherter Leistungen. Die Versicherungsbranche ist ein wichtigen Leistungsträger unserer Gesellschaft. Dafür hat sie auch einen gewissen Respekt verdient. Unser Anliegen war es, Vorurteile durch Fakten zu ersetzen. Es würde uns freuen, wenn uns dies zumindest ein Stück weit gelungen ist.